Kindheitstraumata

Die heimliche Macht deines verletzten inneren Kindes

Deine Geburt ist mindestens dein erstes Trauma, aber ganz sicher nicht dein letztes. Lass dich jetzt bitte nicht von dem Begriff Trauma abschrecken und uns stattdessen gemeinsam einen vorsichtigen Blick in die „Kindheitsschatulle“ werfen, ohne zu werten oder zu urteilen.

Dein verletztes inneres Kind

Man könnte es sicherlich auch als dein ungeliebtes Kind bezeichnen. Es ist die Sammlung dessen, was du im Laufe deines Lebens verdrängt hast: schmerzhafte Erinnerungen, alte ungelöste Konflikte und eigene Schwächen. All das, was du nicht spüren möchtest, schiebst du in dein Unterbewusstsein ab. Dort verschwindet es jedoch nicht, sondern beginnt irgendwann ein Eigenleben zu führen. Deine ungeklärten Konflikte wollen bemerkt und gelöst werden und üben deshalb immer stärker einen negativen Einfluss auf dein Leben aus. Egal, wie gut du im Verdrängen und Verleugnen bist, dein verletztes inneres Kind wird sich Gehör verschaffen. Erst versucht es dies über Sorgen, Nöte und Unsicherheiten zu erreichen. Weiter geht es meist mit Ängsten bis hin zu Panikattacken. Schaust du dann immer noch weg, wird auf körperlicher Ebene an dir gerüttelt. Das verletzte innere Kind hört nicht auf, bis es dir bewusst wird und du es endlich anerkennst.

Dein Unterbewusstsein

Das Unterbewusstsein macht ungefähr 80% aus. Viele ungelöste Konflikte entziehen dir einen Großteil deiner Energie und sind zu einem sehr hohen Anteil verantwortlich für dein Verhalten, deine Entscheidungen und deine Wahrnehmung. Es hat sehr viel mehr Einfluss auf dich und deinen Energiehaushalt, als dein bewusstes handeln, denken und fühlen.
Neben all dem Ungeliebten, verbirgt sich dort auch viel Schönes. Da es dir jedoch nicht bewusst ist, kannst du auch darauf nicht zugreifen. Mit allem Negativen, was du im Laufe deines Lebens verdrängst, verlierst du jedes Mal einen ebenso großen Anteil des Positiven. Bewusst ist es dir nicht, denn du kennst nur den Ist-Zustand, an den du dich gewöhnt und den du wahrscheinlich schon als gegeben akzeptiert hast, jedoch befinden sich dort die Leichtigkeit, deine kindliche Neugierde, Geduld und innere Zufriedenheit; die Fähigkeit harmonische Beziehungen zu führen, dein Pioniergeist und die Lebensfreude. Möchtest du darauf wirklich für den Rest deines Lebens verzichten?

Die Macht deiner ungelösten Konflikte

Dein verletztes inneres Kind möchte bemerkt und geheilt werden. Deshalb übt es großen Einfluss auf dich und dein Gefühlsleben aus. Jedes Mal, wenn du besonders heftig, oder unangemessen auf Situationen reagierst, hat dein verletztes inneres Kind die Kontrolle übernommen. Spürst du häufig, oder sehr intensiv Eifersucht, Angst, Unsicherheit, Schuld oder Scham, sind dies Boten deines verletzten inneren Kindes.
Es bestimmt nicht nur dein Verhalten maßgeblich mit, sondern auch wie und ob du Beziehungen führst. Welchen Partner du wählst, wie du ihn siehst, wie du dich selbst siehst und welchen Blick du auf das Leben hast. Deine Wahrnehmung hängt also sehr stark von den ungelösten Konflikten deiner Kindheit ab.
Es stellt sich nicht die Frage, ob du derartige Konflikte in dir trägst. Dies tut jeder, somit auch du. Die Frage ist eher die, ob du weiterhin wegschauen und verdrängen möchtest, oder ob du deine Komfortzone ein kleines Stück aufgeben würdest, um dir selbst ein Stück näher zu kommen. Wenn deine Neugierde größer ist, bekommst du die Möglichkeit auf ein phantastisches Erlebnis mit dir selbst.

Woran du deine Kindheitstraumata erkennst

Mir ist wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass Kindheitstraumata nichts über deine Eltern, oder deine Kindheit aussagen, sondern Teil des ganz normalen Lebens sind. Alles hat zwei Seiten, so auch deine Kindheit. Du kennst dein Leben nur so, wie es ist und du kennst auch dich selbst nur so, wie du bist. Daher ist es eine schwierige Aufgabe, selbst einzuschätzen, was ein Symptom sein könnte. Vielleicht hast du das ein oder andere im Laufe deines Lebens sogar schon als Charaktereigenschaft akzeptiert, oder gelernt es gekonnt zu überspielen. Fakt ist, ob die eigene Kindheit gut oder schlecht war, ist für die Meisten recht schwer zu beurteilen, da wir alle nur eine Kindheit haben und diese unsere Normalität darstellt. Daher möchte ich dich bitten „Sei offen.“
Jeder hat sie, doch kaum jemand erkennt sie als das was sie sind: Symptome ungelöster Kindheitstraumata. Jede einzelne nun folgende Frage führt dich direkt zu einem Symptom. Bringt dich eine von ihnen zum Nachdenken, oder spürst du eine Abwehrhaltung, lohnt es sich, genauer hinzusehen:
Wie ist deine Sicht auf dich und die Welt? Sind deine zwischenmenschlichen Beziehungen harmonisch, oder eher ein intensives auf und ab? Bist du eher ungeduldig und manchmal sogar ungehalten? Wie gehst du mit Kritik, Konflikten und Stress um? Wie gehst du mit dir selbst um? Isst du, um dich zu trösten? Rauchst du, um Dampf abzulassen? Trinkst du, um locker zu sein? Lebst du dein eigenes Leben, oder beobachtest du lieber das der anderen in sozialen Netzwerken, oder  im Fernsehen? Fühlst du dich geliebt, oder oft ungesehen und missverstanden? Wie hart gehst du mit dir, oder anderen ins Gericht?

Es sind nur Symptome, das bist nicht du!

Spür in dich hinein, welches „Lieblingsgefühl“ dich daran erinnern möchte, etwas für deine Seele zu tun. Es ist jenes Gefühl, welches dich hindert deinen Traum zu leben, etwas Verrücktes zu tun, dich frei zu fühlen, oder einfach nur du selbst zu sein. Auch wenn du deine Seele nicht sehen kannst, braucht sie mindestens so viel Pflege, wie dein Körper.

Achtung: Kindheitstrauma ist nicht gleich Trauma

Bei dem Wort Trauma zucken die meisten zusammen und denken dabei nur selten an ihre eigene Kindheit. Das hängt vor allem damit zusammen, dass wir bei Trauma nur an allerschlimmste Ereignisse, wie plötzlicher Verlust durch Tod, ein schweres Zugunglück, oder körperlichen Missbrauch denken. Dies mag richtig sein, wenn es um Erlebnisse im Leben eines Erwachsenen geht.
Die Welt eines Kindes ist jedoch so viel sensibler und zerbrechlicher, dass schon banalste Situationen ausreichen, um im Unterbewusstsein als traumatisch abgespeichert zu werden. Als Kleinkind bist du noch hilflos und machtlos den Situationen des Alltags ausgeliefert und somit auf zusätzlichen Schutz deiner Eltern angewiesen. Vor allem deine Wahrnehmung ist noch stark eingeschränkt. So kann es schnell geschehen, dass Situationen falsch interpretiert und als emotionale Überforderung in das Unterbewusstsein abgespeichert werden.

Frühkindliche Wahrnehmung und Trauma

Als Kleinkind bist du besonders empfänglich für Traumata, weil die Wahrnehmung bis zum fünften Lebensjahr sehr eingeschränkt ist. Jede Nachricht, jede Begebenheit um dich herum kannst du nur einseitig, mit dem sogenannten Beziehungsohr, empfangen. Alles was von außen auf dich einprasselt kann von dir nur dahingehend hinterfragt werden, ob du selbst ok bist „So einer bin ich also!“. Du hast weder die Möglichkeit zu hinterfragen „Ist mein Gegenüber ok?“, noch „Ist die Botschaft ok?“. In diesen Jahren werden deine Glaubenssätze, also wie du dich selbst siehst, grundlegend geprägt. Und das wiederum entscheidet, wie du heute mit Stress, Beziehungen und dir selbst umgehst – ob du dich wohl in deiner Haut fühlst.

Wahrnehmung mit dem Beziehungsohr

Ich möchte dir mit zwei kleinen Beispielen verständlich machen, wie Situationen aufgenommen werden, wenn man sie ausschließlich mit dem Beziehungsohr hören kann. Dies erklärt gleichzeitig, warum Kleinkinder sehr viel schneller und leichter emotional überfordert sind und Ereignisse, die für uns als banal gewertet werden, für Kinder unter fünf Jahren als traumatisch empfunden werden können:
Situation 1: Dein Vater kommt gestresst von einem langen Arbeitstag nach Hause und das erste was er sieht, ist herumliegendes Spielzeug von dir. Er mault dich an „Was ist das für ein Saustall, du Schmutzfink“. Das Einzige, was bei dir ankommen kann ist: „Ich bin ein böses Kind und eine Last für meine Eltern“ „Ich bin nicht ok“. Nach deinem fünften Lebensjahr würde die empfangene Botschaft anders lauten: „Der Arme muss einen schlechten Tag gehabt haben“ „Ich bin ok“. Wie du siehst, zwei grundlegend unterschiedliche Annahmen über dich selbst.
Situation 2: Du siehst deine Mutter weinen. Du weißt zwar nicht warum, aber bis zum fünften Lebensjahr, ist die einzig für dich logische Schlussfolgerung: „Meine Mama ist traurig und ich bin schuld“ „Ich bin nicht ok“. Bekommst du Streit zwischen deinen Eltern mit, dasselbe Urteil. Du hast gar keine andere Chance aufgrund deiner derart eingeschränkten Wahrnehmung. So kann es zu einem sehr verzerrten Selbstbild kommen, unter dem du als Erwachsener noch leidest.
Hörst du heute immer noch verstärkt mit dem Beziehungsohr, wirst du vieles auf dich beziehen und nur schwer mit Kritik umgehen können.

Der Schutzmechanismus des Traumas

Während einer Situation, die dich stark emotional überlastet, springt ein Schutzmechanismus an, um dich vor dem Schmerz zu schützen. Dieser Mechanismus wird Dissoziation genannt. Dazu spaltet sich ein Teil deiner persönlichen Identität ab und versinkt in dein Unterbewusstsein. Dieser birgt jedoch nicht nur den Schmerz, sondern auch Anteile deiner positiven Gefühlswelt, auf die du dann ebenfalls keinen Zugriff mehr hast. Bei der Verdrängung von Emotionen kann man sich leider nicht aussuchen, welches einzelne Gefühl man nicht mehr spüren möchte.
Im Laufe deiner Kindheit hast auch du, wie jeder andere, einen Teil deiner Emotionen eingebüßt, nur die Größe des Anteils ist bei jedem unterschiedlich hoch. Dabei handelt es sich meist um die Liebe zu sich selbst, Unbeschwertheit, Leichtigkeit, Vertrauen und die Fähigkeit im Hier und Jetzt zu leben. Eventuell denkst du gerade „Moment mal, ich fühle doch“. Dies möchte ich dir auch gar nicht absprechen. Aber du könntest dich und deine Bedürfnisse noch klarer und intensiver spüren und gleichzeitig in dir ruhen. Du würdest also nicht mehr dieses emotionale Auf und Ab erleben. Du wärst deinen Gefühlen nicht mehr hilflos ausgeliefert. Stattdessen hätte dort emotionale Stabilität ihren Platz.

Wie du deine Ressourcen zurückerobern kannst

In dem verdrängten dissoziierten Anteil, tief verborgen in deinem Unterbewusstsein, sind nicht nur Angaben zu dem Ereignis selbst, sondern auch Informationen zur Lösung.
Es ist erwiesen, dass man nur im Delta-Zustand mit dem Unbewussten arbeiten kann. Dies ist eine etwas tiefere Entspannungsstufe als bei einer Meditation (Theta-Zustand). Um Traumata gänzlich ausradieren zu können, müssen sie zu Ende erlebt werden. Keine Angst, dies geschieht bei der Flowering Tree Methode ohne nochmals in das Trauma und den damit verbundenen Schmerz zu müssen. Dein verletztes inneres Kind wird vor dem schmerzlichen Augenblick abgeholt und eingeladen, all das, was es damals gebraucht hätte, nachträglich zu bekommen und zu erleben. Dabei löst sich der alte Konflikt auf, mit ihm deine Symptome und übrig bleibt eine positive Ressource. Diese wird im Anschluss integriert und schenkt dir neue Energie und Lebensfreude.
Obwohl ich die Technik beherrsche, kann ich sie nicht bei mir selbst anwenden. Ich komme nur bis zur Schwelle einer tiefen Mediatation, was nicht ganz ausreichend ist, um an den Kern zu gelangen. Daher wage ich es zu bezweifeln, dass eine Auflösung in dieser Form allein durch Meditation zu schaffen ist. Ich halte sie dennoch für eine sehr wohltuende und heilsame Kraft zur seelischen Pflege.

Noch ein kurzes Schlusswort

Ich erlebe es immer wieder: Erwachsene, die sich schämen, weil sie sich als Kind nicht ausreichend geliebt fühlten. Sie suchen den Fehler konstant bei sich und möchten nicht die Leistung der eigenen Eltern in Frage stellen. Bitte schiebe diese belastende Frage der Schuld zur Seite und halte stattdessen Ausschau nach einer optimalen Lösung für dich und deine Gefühlswelt. Damit du endlich tief durchatmen und zu innerer Ruhe und Zufriedenheit finden kannst.

Anja