In meinem vorherigen Beitrag hatte ich bereits von meiner persönlichen Erfahrung mit Depression berichtet und von meiner ersten Sitzung dazu. Depression kam noch einige Male als „Unterthema“ während einiger Sitzungen vor. Das waren jedoch eher dünnere Schichten mit weniger Auswirkung. Einmal fühlte es sich zum Beispiel an wie eine zähe, sehr klebrige Masse unter den Füßen, die jeden Schritt so unglaublich schwerfällig und anstrengend machte. Und genau das macht Depression ja auch aus, alles ist so viel anstrengender und schwerfälliger, so lähmend.
Und dann gab es eine letzte Sitzung zum Thema Depression ganz am Ende meines Heilungsweges. Hinein ging es zwar mit dem Thema Ablehnung, dieses führte mich jedoch ohne Umschweife zur Depression, zum Kern. Diese Sitzung war eine richtige Offenbarung für mich das Thema Depression betreffend. Ich hatte das Gefühl den Schlüssel zur Lösung gefunden zu haben, vielleicht war es auch das letzte sehr bedeutende Puzzleteil zu mir, plötzlich ergab alles Sinn. Ich stand der Depression nun gegenüber und es war, als könnte ich sie lesen, erkenne, verstehen, als hätte ich gefunden, wonach ich mein Leben lang gesucht habe. Alles ergab Sinn: wie sie entstand, warum sie entstand, wozu sie gut war. Es war auch ein Abschied, denn ich spürte, das war es nun. Alles wofür ich so hart gearbeitet habe ist jetzt bewusst, aufgelöst und ich bin jetzt endlich frei.
Für mich sind das Wort Depression und Trauma nun so eng miteinander verknüpft, ohne Trauma keine Depression und ohne Depression kein Trauma. Das Trauma ist das Geschehene und die Depression ist die unweigerliche Antwort darauf, es ist der Schutzmechanismus, der den Menschen das Trauma emotional aushalten lässt. Es ist die emotionale Abstumpfung, die in dem Moment so bitter nötig ist und dann leider ein Leben lang bleibt, wenn man sie nicht erkennen und auflösen kann.
Einen Großteil der Depression machen das Gefühl der Ablehnung und des sich ungeliebt Fühlens aus und genau darum drehte sich eine meiner allerletzten Sitzungen: „Ablehnung“.
Das Thema Ablehnung wurde immer stärker und spitzte sich immer weiter zu in meinem Gefühlserleben. Es wurde zunehmend unerträglicher und die Ablehnung zeigte sich mir in meiner Wahrnehmung von allen Seiten. Das machte mich natürlich immer trauriger und verzweifelter. Ich fühlte mich so unzureichend, ungeliebt und wertlos. Ich habe mich infolge dessen immer mehr selbst abgelehnt. Daran wollte ich natürlich arbeiten.
Sitzung zum Thema Ablehnung
Wir gingen hinein in die Sitzung mit dem Gefühl der „Ablehnung“. Schnell kamen wir zu einem etwa 9-jährigen abgespaltenen Ich-Anteil. Ich stand als 9-jähriges Mädchen im Wohnzimmer vor meiner Mutter und wollte einfach nur geliebt werden, stattdessen war sie laut und schimpfte, wie so oft.
Ich habe mich so klein und abgelehnt gefühlt und spürte, dass es gleichbedeutend war mit dem Gefühl, es nicht wert zu sein geliebt zu werden. Dieses Gefühl begleitete mich durch meine Kindheit und so wurde ich immer trauriger und unsicherer, was zwangsläufig in eine Depression führt.
Diese tiefe Traurigkeit, die als Kind nicht von mir ausgelebt werden konnte, da es weit und breit keinen Trost gab, wurde infolgedessen verdrängt. Während der Sitzung konnte diese endlich hochkommen in mein Bewusstsein und frei werden. Es waren viele riesige Holzfässer in Tränenform gefüllt mit schwarzer, öliger Flüssigkeit, meine tiefe Trauer, meine ungeweinten Tränen. Sie konnten meinen Körper verlassen und zerbersten, die Tränen konnten heraus und abfließen.
Als Nächstes spürte ich eine sehr starke Unzufriedenheit. Sie füllte mich aus und war wie beigefarbene, trockene, spröde Watte, die alles dumpf machte in mir und um mich herum. Als diese unendlichen Mengen an Watte meinen Körper verlassen hatten, spürte ich im als Nächstes große Enttäuschung in mir hochkommen. Danach kam ich zu dem lähmenden Gefühl der Trägheit. Sie war gigantisch und sah aus wie riesige, braune, alte Güterzugwaggons. Sie fuhren sehr mühsam und langsam aus mir heraus. Es waren so viele und während einer nach dem anderen meinen Körper verließen, spürte und wurde mir bewusst, wie sehr die Depression das eigene System herunterfährt und einschläfert. Dein Energielevel ist niedrig bei höchster innerer Anspannung, die jedoch unbemerkt bleiben kann und du funktionierst (wenn überhaupt) nur noch. Es ist so als würdest du nicht richtig am Leben teilhaben, sondern wärst nur Zuschauer unter einer riesigen Glaskuppel, abgetrennt von dir und dem „echten“ Leben.
Mir wurde bewusst, wie die Gleichgültigkeit und Wut meiner Mutter mir gegenüber in mir ganz langsam und schleichend zur Depression wurde. Wie ich mir selbst gegenüber gleichgültig wurde und wie ich so wütend werden konnte.
Als Kind möchte man einfach nur geliebt werden und wenn du stattdessen Ablehnung zu spüren bekommst, dann entsteht so viel Trauer in dir und dieses verletzende Gefühl nicht wertvoll zu sein wächst und wächst stetig. Du fühlst dich ungeliebt und genau das ist Depression und genau das wurde mir während der Sitzung so klar.
Depression ist das Gefühl des ungeliebt seins, der mangelnden (Selbst)Liebe
Das Gefühl nicht geliebt zu werden und die daraus entstandene Traurigkeit machen im weiteren Verlauf deines Lebens träge und antriebslos. All das ist das Gegenteil von Lebendigkeit. Diese Antriebslosigkeit flüstert dir tagtäglich ins Ohr „das schaffst du eh nicht“ und damit beginnen die nagenden Selbstzweifel und du wirst immer unsicherer.
Depression ist eine Art passive, dumpfe, wortlose Verzweiflung die ihren Ursprung in der Kindheit hat; in dem Gefühl nicht ausreichend geliebt zu werden. Du wirst jetzt vielleicht denken, „aber ich wurde doch geliebt“.
Um ein Beispiel aus der heutigen Zeit zu bringen, wo Kinder beziehungsweise Babys mit einem Jahr in die Kita müssen. Was denkst du wie diese sich fühlen: geliebt oder abgelehnt? Dieser tagtägliche Trennungsschmerz, diese emotionale Folter führt zwangsläufig zu einer kollektiven Depression. Nur weil ein Baby sich mit der Zeit vermeintlich daran gewöhnt und nicht mehr weint, ist es nicht gleichbedeutend mit: es ist ok für mein Kind. (Siehe meinen Artikel zum Thema „Freeze“)
Mit diesem Beispiel möchte ich verdeutlichen, dass die Frage, ob man sich als Kind geliebt fühlte für viele ganz schwer bis kaum zu beantworten ist und die Antwort in aller Regel verdrängt bleiben möchte. Auch ich dachte bis Mitte 30 meine Kindheit sei in Ordnung gewesen, bis ich anfing mit den Symptomen zu arbeiten.
Zurück zur Sitzung. Nachdem ich all diese Bestandteile der Depression durchfühlen und hinauslassen konnte und aufgelöst waren, kam ich ganz automatisch wieder zurück zu meinem 9-jährigen Ich. Sie war nun total lebendig und voller Energie und Freude. Sie konnte in mich hinein und brachte mir genau diese Lebendigkeit, ich spürte sie in jeder Zelle. Ich spürte jetzt auch mein Herz. Es war etwas aufgeregt, freudig aufgeregt und ja, ich war voller Freude. Einfach so. Und in dem Moment als es mir bewusst wurde, hüpfte mein Herz. Dies tut es bis heute, natürlich nicht von morgens bis abends, jedoch immer wenn ich bewusst an mein Herz denke und dann freue ich mich – einfach so, grundlos wenn man so möchte und was gibt es Schöneres. Genau danach hab ich mich so gesehnt und genau das war mein Ziel, ich wollte glücklich werden und das bin ich jetzt. Der Weg hat sich für mich absolut gelohnt und ich würde ihn immer wieder gehen.
Angst vor dem Leben
Was ich dir nicht vorenthalten möchte. Gegen Ende der Sitzung kam eine Angst in mir hoch. Es drängelten sich auf einmal während der Sitzung Straßengeräusche von außen in meine Sitzung und ich dachte: oh nein, ich könnte jetzt nicht nach draußen. Daraufhin kam eine kleine Angst in mir hochgekrochen, ich würde sie als Angst vor dem Leben bezeichnen und da wurde mir klar, die Depression ist auch wie ein Schutz vor dem Leben, es hält dich ab zu scheitern, wenn du es nicht versuchst. Die Trägheit, das „Couch-Potato-Dasein“ „hilft“ einem dabei das Leben draußen zu lassen, es nicht in die Hand zu nehmen, nicht aktiv sein zu müssen, nichts Neues auszuprobieren. Das war noch mal ein echter Aha-Moment für mich und die Angst haben wir natürlich ebenfalls aufgelöst.
Mein Leben mit der Depression 🙁
Wie ich mich damals gefühlt habe, was die Schichten der Depression mitbrachten, als sie immer spürbarere wurden. Es war eine unglaubliche Müdigkeit und Erschöpfung, wie ich sie noch nicht kannte. Mit jedem Anteil zu dem ich kam und der integriert wurde, kamen wir auch immer näher an den Kern meiner Verletzung. Die Depression und damit einhergehende Erschöpfung kamen immer näher und waren immer intensiver zu spüren, das war eine sehr kraftzehrende Zeit. Kein Schlaf konnte an dieser Erschöpfung die von der Depression mitgebracht wurde rütteln, das Leben hatte überhaupt nicht mehr die Qualität, weil es so lähmend war, ich fühlte mich so schwer und körperlich unbeweglich und eingerostet, lustlos, schlapp, demotiviert; alles erschien so grau. Das lag daran, dass die depressive Erschöpfung endlich ganz oben lag. Dies muss dann auch so sein, denn dann kann man damit arbeiten und es endlich auflösen. Der Weg zur Heilung ist eben auch mal steinig, aber es lohnt sich immer weiterzugehen. Die Depression als sie noch tiefer in mir verborgen lag und nicht so deutlich spürbar war, hat ja trotzdem ihr Unwesen in mir getrieben und mein Leben so stark negativ beeinflusst und das tagtäglich.
Mein Leben ohne Depression 🙂
Heute bin ich gesund, ich fühle mich frei und bin jetzt spontan, flexibel und kann mich über die kleinen und großen Dinge des Lebens freuen. Ich bin kaum noch krank und fühle mich fit.
Ich habe viel mehr Zugang zu mir und zu meinen Gefühlen. Ich bin viel intuitiver, weniger im Kopf, habe keine Selbstzweifel mehr. Stattdessen mache ich Vieles einfach und glaube an mich und meine Fähigkeiten. Die Angst zu versagen macht mir keinen Strich mehr durch die Rechnung, denn an Fehlern kann ich wachsen, die passieren und tun mir nicht mehr weh. Ich bin mehr bei mir und nicht mehr abhängig vom Außen. Ich schlafe viel besser und fühle mich erholt und bin auch ausgeglichener.
An der Depression hing so viel dran, es war ein so komplexer und festgezurrter Knoten gigantischen Ausmaßes. Es war die Sammlung meiner negativen Erfahrungen und dieser Knoten führte zu mich zu Unsicherheit und Angst. Die Panikattacken waren nur die Hülle, die äußerste Schicht, ein Symptom vom Symptom. Mit jeder Schicht die abgetragen wurde kam ich näher zum Kern meiner emotionalen Verletzung und das war die Depression.
Um dorthin zu gelangen musste ich durch ganz viel Wut, Stress und Anspannung und dann kam irgendwann die Traurigkeit. Minderwertigkeit war ebenfalls ein großer Punkt.
Ich lebe heute emotional unbeschwert, ich grüble nicht und freue mich meines Lebens und blicke gespannt auf die Zukunft und erwarte Schönes. Mein Glas ist jetzt voll und ich traue mich Gutes zu erwarten, weil sich das viel schöner anfühlt. Ich muss keine Angst vor Enttäuschungen haben. Sollte etwas nicht gelingen, nicht schön sein, kann ich damit umgehen. Ich weiß jetzt, dass es nach der Trauer auch wieder gut ist. Ich bin stark und kann das Leben leben und nehmen wie es kommt. Ich begegne dem Leben heute mit mehr Leichtigkeit und Humor würde ich sagen. Früher war alles so ernst und groß für mich und starr.
Seit der Sitzung bin ich wie im „flow“. Das Gefühl kennt ja sicherlich jeder und sicherlich weißt du dann auch, wie gut es sich anfühlt. Das Leben flutscht und ich bin so viel produktiver, was mich natürlich glücklich und stolz macht. Aus der Abwärtsspirale wurde eine Aufwärtsspirale.
Wie fühlst du dich?
Spüre mal in dich hinein, nimm dir die Zeit und beobachte deine Körperreaktion. Die Antwort auf meine folgenden Fragen kann auch ein Druck in der Brust sein, ein Kloßgefühl im Hals oder ähnliches und genau das ist, womit ich dann arbeite.
Wie ist es für dich, wenn du an Depression denkst? Spürst du irgendwo Depression?
Wie ist es für dich, wenn du an Antriebslosigkeit denkst?
Wie ist es für dich, wenn du daran denkst nicht geliebt zu werden, fühlst du dich ungeliebt?
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